(1) Verena Schade unterwegs — zu den Cariocas nach Brasilien

Verena Schade´s Leben ist bestimmt vom Reisen. Sie hat für große, namhafte Unternehmen in der Touristik in ganz Europa gearbeitet, zuletzt als Touristikchefin auf Mallorca. Nachdem sie in Pension gegangen ist, ist ihre Leidenschaft für das Reisen nicht kleiner geworden — im Gegenteil, jetzt hat sie Zeit. Mit dem Wohnmobil war sie am Gardasee und das war ihre erste Erfahrung mit dieser Urlaubsform. Sie hat Freunde in Brasilien. Die hat sie besucht und mit ihnen einige sehenswerte Orte erkundet. Von diesen Reisen berichtet sie auch bei HOLIDAY-INSIDER.TV, bringt immer tolle Bilder mit und wir sind wieder gespannt.

Die Videos gibt es hier.

RIO, die Cariocas und die alte Kaiserstadt

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Meiner beginnt mit meinem Hund Nicki, dem muss ich erstmal alles erklären, denn mitnehmen kann ich ihn nicht. Er müsste dann in eine Transportkiste und das möchte ich meinem kleinen Freund nicht zumuten. Also gebe ich ihn meiner Freundin Marlies, die auf ihn aufpassen wird.

Ein Flug nach Rio kostet je nach Saison zwischen 600 und 1000 Euro — hin und zurück natürlich. Die portugiesische Airline TAP und die Lufthansa fliegen nonstop in 14 Stunden nach Rio.

Ich fliege ab Frankfurt, am frühen Morgen um halb sechs Ortszeit landen wir. Meine Freunde holen mich ab. Jetzt müssen wir noch ca. eineinhalb Stunden mit dem Auto fahren.

Ein kurzer Blick auf die Stadt Rio, und gleich geht es weiter durch die Serra, einem  traumhaften Nationalpark, an Petropolis vorbei nach Itaipava.

 

Itaipava in den kühlen Bergen

Hier wird während meines Aufenthalts meine Basis sein, denn hier leben meine langjährigen Freunde Manoel und Farley, bei denen ich zu Gast bin.

Mittlerweile ist es Mittag und ich bin hungrig und natürlich — gute Freunde wissen wovon man träumt — haben sie uns schon einen Tisch in meinem Lieblingsrestaurant reserviert, einer Churrasqueria, in der es das beste Fleisch der Welt gibt.
Nach dem langen Flug und dem miesen Essen, das neuerdings in Flugzeugen gereicht wird, esse ich natürlich erst einmal gefühlt ein halbes Rind.

Am nächsten Morgen sieht schon alles viel relaxter aus. Ich bin sehr früh wach und mit mir die gesamte Vogelwelt Brasiliens, die mir zur Begrüßung was vorzwitschert.

Aber jetzt erst einmal schnell zum „Udo Walz der Region“ Farley, mein Freund,  Friseur und Make-Up-Artist will mich erst einmal schön machen.

Das kleine Städtchen Itaipava, ist ein Hotspot der reichen Cariocas, also der Einwohner Rios, die im Sommer gerne der Hitze entfliehen und in den Bergen rund um Itaipava die frische Bergluft suchen.

Im Winter kann es hier richtig kalt werden und so findet man in den Zimmern der kleinen Pousadas, sogar Kamine und Feuerholz. Die Leute von Rio genießen die Kälte und machen es sich um das Kaminfeuer gemütlich.

Viele Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten ziehen die Besucher an und manch ein Carioca hat hier sein Wochenend-Häuschen oder eine Wohnung in einer der zahlreichen Apartmentanlagen. Itaipava gehört verwaltungsmäßig zu Petropolis, der kaiserlichen Stadt Brasiliens.

Ein bisschen Geschichte...

Nachdem Napoleon in Portugal eingefallen war, beschloss König João ihm das Feld zu überlassen und nach Brasilien zu fliehen. Erst zog er mit dem Hofstaat und der Staatskasse nach Rio de Janeiro, fand dann aber schnell heraus, dass es oben in den Bergen ein Städtchen namens Petropolis gab, das ein viel besseres Klima hatte als das heiße Rio de Janeiro. Er beauftragte daraufhin einen deutschen Architekten eine Sommerresidenz zu bauen und wie Architekten so sind, brachte der auch gleich die passenden Handwerker mit. So kam es, dass viele Gebäude noch heute an deutsche Baustile und an den Schwarzwald erinnern.

König João kehrte bald nach Portugal zurück nachdem Napoleon in Europa gescheitert war, ließ aber seinen Sohn Pedro zurück, dem er den Ratschlag gab: „Schnapp dir die Kaiserkrone, bevor es ein Abenteurer tut“

1802 tat Pedro das auch, er ernannte sich zum Kaiser von Brasilien, heiratete eine Österreicherin und hatte mit ihr zwei Kinder. Aber auch die beiden kehrten bald nach Europa zurück. Es blieb in Brasilien der Sohn Pedro II

Brasilien war mittlerweile sehr reich geworden. Man hatte ungeheure Bodenschätze, Gold und Diamanten gefunden. Es gab einen Mangel an Arbeitskräfte und so raubte man Sklaven aus Afrika und ließ sie in den Gold- und Diamantminen schuften.

1888 dann endlich unterschrieb die Prinzregentin Isabella, die Tochter von Pedro II, eine Charta, die allen Sklaven die Freiheit zusicherte. Dafür wird sie bis heute in Brasilien verehrt.

Happy Birthday...

Unsere Freundin Isabelle hat heute Geburtstag und so tun wir das, was Brasilianer gerne tun: sich mit Freunden treffen und reden. Wir sind in einer der IN-Bars der Stadt, jeder bestellt eine Kleinigkeit zu essen, die Bratwurst wird gleich am Tisch flambiert, alle bedienen sich, trinken ein Bierchen, und wir Mädels Cocktails. Der Renner des Abends heißt „BOA NA LAGOA“ übersetzt etwa: „Man liegt gut in der Lagune“ und weil die Entchen so niedlich sind, trinken wir einiges davon.

RIO

Nach dem anstrengenden Abend schlafen wir aus und fahren am Nachmittag nach Rio de Janeiro, denn wir wollen den Sonnenuntergang vom Zuckerhut aus erleben. 

Wir übernachten im IBIS Hotel, gleich an der Copacabana — einfach, aber ein prima Stadthotel. Die Aussicht ist jetzt nicht die tollste aber immerhin können wir von hier aus den Zuckerhut sehen. Es ist Hochsaison und wir bezahlen ca. 60 Euro pro Person. Vor dem Hotel wird auch mit Wasserspendern an die durstigen Hunde der Stadt gedacht. Bis zum Sonnenuntergang ist aber noch ein bisschen Zeit und so sehen wir uns die Copacabana im Panoramablick an und fahren dann mit einem Taxi an die Seilbahnstation.

Uber Taxis funktionieren in Rio einwandfrei und es ist das preisgünstigste Transportmittel in der Stadt. Taxis sind teuer und die U-Bahn Stationen sind nicht überall zu Fuß zu erreichen.

Mit der Seilbahn geht es über zwei Stationen nach oben auf den Felsen.

Rechts vom Sonnenuntergang winkt uns Christus zu. Er freut sich schon, dass wir ihn morgen besuchen werden.

Die Nacht bricht herein, der Verkehr an der Copacabana ist noch immer enorm lebendig. Rio in der Dunkelheit ist wunderschön.

Heidi will uns Rio aus erster Hand zeigen. Sie wartet auf uns im vereinbarten Lokal. Natürlich gibt es wieder etwas zu essen — wieder leckere Pincanha, in einem Lokal, das wirklich nur Einheimische kennen und besuchen. Die Picanha ist das Schwanzstück der Rinderkeule, das in Südmerika gerne gegrillt wird. Die Beilagen sind mehr als reichlich, und allen schmeckt es ausgezeichnet.

Heidi zeigt uns Rio

Am nächsten Morgen: Heidi holt uns schon sehr früh ab. Sie hat sich heute Zeit genommen und wird uns in der Stadt herumfahren. Heidi ist die weltbeste Fremdenführerin von Rio. Jeder der Rio besucht, besucht auch den Corcovado, um Christus seine Aufwartung zu machen. Heidi schleust uns bei der Bahnstation an allen Besuchern vorbei und wir genießen die kurze Fahrt durch den Regenwald bis zur obersten Station.

Neben dem Zuckerhut ist die Christusstatue das Wahrzeichen der Stadt Rio de Janeiro. Ein brasilianischer Architekt, zusammen mit einem französischen Baumeister hat diese 30 Meter hohe und 28 Meter breite Statue 1931 entworfen und hier an Ort und Stelle aufgebaut. Mit seinen ausgebreiteten Armen und dem leicht geneigten Kopf schaut er beschützend auf die Stadt herab. Er wurde aus Beton und Speckstein im Stil des Art-Deco gebaut. Gläubige und letztendlich auch die katholische Kirche spendeten, so dass mit 10 jähriger Verspätung die Statue fertig gestellt werden konnte.

Die Millionenstadt und ihre Bewohner

Nicht nur wir sind müde von all dem Gewusel und so fahren wir mit der kleinen Bahn wieder hinunter in die Stadt.

Sie wurde übrigens 1502 entdeckt und besiedelt. Seitdem hat sich viel getan und mittlerweile hat sie 14 Millionen Einwohner, die man „Cariocas“ nennt.

Eine gewisse Oberflächlichkeit der Bewohner lässt sich nicht leugnen, aber sie wird durch die ungeheure Offenheit und Herzlichkeit wett gemacht. Wer einmal das Strandleben an der Copacabana genossen hat, der hat schon viel über die Einwohner Rio´s, erfahren.

Die Beschäftigung mit der eigenen Schönheit kann man am Besten an der Copacabana beobachten. Dort wird gepeelt, gesalbt, gefärbt und gecremt, was das Zeug hält. Umso besser, wenn Gott und die Welt zuschauen. Schnell hat man am Strand jede Menge Bekanntschaften gemacht und so manches Bier mit den Cariocas geteilt. „Du musst mich in meinem Haus besuchen kommen,“ heißt es dann — dass man aber weder Adresse noch Telefonnummer bekommen hat, fällt einem erst ein, wenn man nach dem Strandtag zu Hause unter der Dusche steht.

Sie sind einfach liebenswert, die Cariocas, aber man darf es nicht verschweigen: Rio de Janeiro ist eine gefährliche Stadt. Vor allem als „Gringo“ wird man leicht Opfer der Kriminalität. In anderen Landesteilen hingegen habe ich diese Gefahr nicht empfunden. Dort kann man sich absolut ungezwungen bewegen und am täglichen Leben teilhaben.

Vorbei an einem exotischen Kanonenkugelbaum — so etwas hatte ich noch nie gesehen — fahren wir in die Innenstadt, denn wir wollen das berühmte Café Colombo besuchen.

Ein Hauch vom alten Portugal

Dieses Café im Stil eines Wiener Kaffeehauses ist weltberühmt. Zwei Portugiesen haben es 1894 gegründet, weil sie nicht mehr auf ihre leckeren portugiesischen Törtchen verzichten wollten. Das wunderschöne Jugendstil-Interieur und die Atmosphäre haben sich bis in die heutige Zeit erhalten. Unten sitzt man im Teeraum, aber wir durften in die Belle Étage. Dort arbeitet auch Orlando, und zwar schon seit 60 Jahren. Mit 14 begann er hier zu arbeiten und er ist immer noch täglich hier. Die Auswahl an Törtchen und Kuchen ist riesig und man muss öfter als einmal hierherkommen, um alles zu probieren.

Das alte Rio

Vorbei an Rios wunderschönem Theater, parken wir dann das Auto, um noch ein bisschen zu Fuß durch die Altstadt zu laufen. Die schönen, alten Kolonialbauten warten sehnsüchtig auf eine Renovierung, aber die Stadt Rio leidet, bedingt durch Korruption und Wirtschaftskrise, unter einem Renovierungsstau. Schade, ich hoffe, dass sich die Situation schnell verbessert und diese wunderschönen Gebäude wieder instand gesetzt werden können.

1590 wurde die wunderschöne Klosterkirche gebaut. Die Stadt breitete sich rund um die Kirche aus und ein Stückchen weiter dann sehen wir das Kontrastprogramm, den Dom der Stadt, der anlässlich eines Papstbesuches gebaut wurde und 20.000 Menschen beherbergen kann.

Nostalgie, Künstler und eine alte Straßenbahn

Wir sind erschöpft. Wir haben Dank Heidi viel von Rio gesehen und so bleibt noch eine Autofahrt durch das Künstlerviertel Santa Teresa. Auf einen Hügel gebaut, befinden sich hier entzückende Gebäude aus der Kolonialzeit. Noch heute hat der deutsche Botschafter hier seine Residenz.

Berühmt ist Santa Theresa auch durch seine Straßenbahn, die schon seit 1859 durch das Viertel fährt und durch die weltberühmte Treppe, die aus tausenden von verschiedenen Kacheln besteht.

Ein letzter Blick auf die Stadt, bis wir wieder nach Hause in die Berge, nach Itaipava fahren.

 

 

 

 

 

 

 

 



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